Eine Analyse von Ulrich Reitz : Mit knallhartem Asyl-Kurs gerät Merz jetzt in die Links-Rechts-Zange
Der neue Bundeskanzler hat die versprochene Migrationswende gestartet – als Chefsache und mit Wucht. Friedrich Merz, der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und der neue Außenminister Johann Wadephul ziehen dabei an einem Strang – Dobrindt als Exekutor, Wadephul auf seinen ersten Auslandsreisen diplomatisch flankierend. Jedenfalls sind alle sich einig.
Weg von Merkel und Scholz: Merz' doppelte Asyl-Wende
Das ist neu. Migrationspolitik als Anti-Migrationspolitik, entschlossen von der Regierungsspitze angeschoben. Unter Merkel stand der Bundesinnenminister noch im Regen, unter Scholz war Migrationspolitik angesagt und nicht Anti-Migrationspolitik. Es ist jetzt also eine doppelte Asyl-Wende: weg von Merkel und weg von Scholz.
Entsprechend groß fällt die Gegenwehr aus – im Inland wie im Ausland. Dahinter verbergen sich jeweils massive eigene Interessen. Die AfD nennt, was Merz und Co. machen, einen Täuschungsversuch, Grüne und Linke nennen es rechtswidrig, und auch die so genannte „Zivilgesellschaft“ ist wieder mit an Bord.
83 linke Organisationen wollen mehr Migration statt Verschärfung
83 linke Lobby- und NGO-Organisationen gehen dagegen vor, vom DGB über Pro Asyl, dem Paritätischen Gesamtverband und diverse (kirchliche) Entwicklungspolitik-Organisationen – sie wollen keine Asyl-Verschärfung, sie wollen noch mehr Migration.
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Was Bundeskanzler Merz macht, ist der Versuch, eines der größten innenpolitischen Probleme zu lösen, das zudem seine Partei mit der früheren Kanzlerin Angela Merkel verursacht hat. Erst hat Merz im CDU-Programm mit Merkel als Parteichefin gebrochen, nun bricht er mit ihr als Regierungschefin.
Die aufgrund ihrer Entscheidungen weitgehend unkontrollierte, hunderttausendfache Migration hat die AfD überhaupt erst groß gemacht. Nun folgt die Rückabwicklung der Merkel-Regierungspolitik durch die Union, mit dem Ziel, die AfD wieder kleinzukriegen. Der Union sitzt die Angst im Nacken, sie hat sie selbst beschworen.
Schärfere Migrationspolitik als Schlüssel gegen AfD-Durchmarsch
Deutschland soll vor einem AfD-Durchmarsch geschützt werden, und die Migrationspolitik ist der Schlüssel dafür. Deshalb trägt auch die SPD die ersten Schritte von Merz und dessen Leuten mit, es gibt allenfalls zarte Mahnungen.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede will prüfen, ob alles, was Dobrindt so treibt, rechtskonform ist. Dirk Wiese, der als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer eine Etage höher sitzt, deckt die Politik von Merz erst einmal mit ab.
Die Koalition hat sich vorgenommen, die AfD politisch zu bekämpfen. Was auch heißt: Erst einmal nicht rechtlich – durch ein Verbotsverfahren. Das fordern, grob gesagt, Politiker links der Mitte. Rechts der Mitte hält man es für ein gefährliches Experiment, auf das man gern verzichten würde.
Bei der Migrationswende ergeht es Merz gerade wie Donald Trump bei der Ukraine-Wende: Es funktioniert nicht an einem Tag – das kann es auch nicht. Beide Staatsleute haben ihr Versprechen gebrochen, die Realität war stärker als die Wahlversprechen. Aber beide haben angeschoben, was jahrelang stillstand.
Die Proteste und Warnungen von links gegen Merz und seine Leute waren absehbar – der neue Kanzler greift an, was sie jahrelang zu ihrem Identitäts-Thema gemacht haben. Weshalb sollten sie schweigen? Vielleicht kommen auch noch Lichterketten, die Anhänger lassen sich leicht mobilisieren, man hat es bei jeder „Demo gegen rechts“ gesehen.
Bundespolizist Ostermann: "Die Politik des Durchwinkens ist vorbei"
Deshalb ist auch die Frage, ob Merz und die Union „stehen“ werden, wenn der Wind stärker wird. Rechtsaußen lauern sie auf ein Einknicken von Merz, sie reden es auch schon herbei. Links hoffen Grüne und Linkspartei dasselbe – rechts wie links bauen sie auf ein Scheitern der Migrationswende.
Das ist die innenpolitische Schlachtordnung. Außenpolitisch sieht sie so aus: Alle Anrainer Deutschlands wissen, dass mit Merz eine deutsche Asylwende kommt. Diese Asylwende geht zu ihren Lasten. Denn, so sagt es Polizeigewerkschafter Manuel Ostermann so burschikos wie treffend: „Die Politik des Durchwinkens ist vorbei.“
Zehn Jahre des Durchwinkens waren zehn Jahre, in denen Deutschland erst die Willkommens-Türen öffnete, um dann die Hauptlast der unkontrollierten Migration zu tragen, bewusst und gewollt. Was auch nur gerecht war – die anderen Länder wollten nie die Lasten teilen, die Deutschland, startend mit Merkel, fortgesetzt mit Scholz, mit seiner Politik verstärkt hatte.
Das funktionierte so lange, wie die Wähler es mitmachten. Seit einiger Zeit schon ist die Mehrheit der Bevölkerung aber gegen diesen Asyl-Kurs. Deren Ventil ist die AfD, die darum bei der Bundestagswahl so stark wurde wie nie. Vor zehn Jahren, vor Merkels „Grenzöffnung“, stand sie noch bei unter fünf Prozent. Zurück ins Ausland.
Polens Regierungschef Donald Tusk protestierte, als Merz ihn besuchte, erwartungsgemäß vor den Kameras. Nicht ohne zuvor erklärt zu haben, die Stimmung nicht versauen zu wollen. In knapp zwei Wochen wählt Polen einen neuen Präsidenten, Deutschland – beziehungsweise Anti-Deutschland – ist ein wichtiges Wahlkampfthema.
Merz versichert Polen, dass sich nicht viel an Grenze ändern werde
Merz versicherte wohl Tusk, viel ändern werde sich an der deutschen Grenze ohnehin nicht. Das ist tatsächlich wohlfeil: Polen ist einer der wichtigsten europäischen Grenzschützer. Gegen den Versuch Moskaus, mit Flüchtlingen Europa zu destabilisieren, hat Warschau an der Grenze zu seinem Nachbarn Weißrussland einen robusten Zaun hochgezogen.
Tusk warnte – für die Öffentlichkeit in Polen – vor einem „totalen Chaos“, falls denn nun alle Europäer wieder an ihren Grenzen Migranten abweisen sollten. Die Alternative zu diesem „totalen Chaos“ ist allerdings das totale Chaos in Deutschland allein, auf dessen Nachahmung die anderen europäischen Länder keinen Wert legen.
Die Schweiz, die gleichfalls öffentlich protestierte gegen Merz‘ Politik, ist auch nicht das Hauptproblem: Die Schweizer kontrollieren ihre Südgrenzen seit Jahren streng, weshalb vergleichbar wenige sich bis zur Nordgrenze nach Deutschland durchschlagen.
Merz sagte zu Tusk, Deutschland werde seine Asylwende so machen, dass sie „für unsere Nachbarn verträglich ist“. Merz setzt auf den Domino-Effekt: Macht Deutschland mit Zurückweisungen an der Grenze ernst, folgen alle anderen europäischen Staaten.
Der Migrationsdruck wird an dei EU-Grenze zurückgeschoben
Der Druck wird an die EU-Grenze zurückgeschoben, dort soll er auch hin. Dann soll, wie es im Koalitionsvertrag steht, die Grenzschutzagentur Frontex gestärkt werden, sprich: mehr Grenzschützer an der Festungsmauer Europas.
Olaf Scholz hatte mehrfach im Bundestag versprochen, Deutschland habe das Recht, sich „seine“ Einwanderer selbst auszusuchen. Diesem wuchtigen Versprechen waren allenfalls zaghafte Konsequenzen gefolgt, wie mehr Kontrollen an den Grenzen. Und schon die führten zu einer sichtbaren Senkung der Asyl-Zahlen.
Merz ist augenscheinlich entschlossen, Ernst zu machen. In Deutschland, aber auch in Europa. Nach jahrelanger ungebremster Migration, die das innenpolitische Klima vergiftete und die innere Sicherheit erheblich verschlechterte, setzt Merz jetzt auf die versprochene Abschottung. Er rechnet mit – erst stiller, dann offener – Unterstützung von immer mehr Nachbarstaaten.
Wie Dänemark, das Vorbild für diesen Kurs ist. Das nordische Land hat inzwischen die nächste Stufe seiner Asylwende ausgerufen. Regierungschefin Mette Frederiksen, eine Sozialdemokratin, sagte im Interview mit einer der wichtigsten dänischen Tageszeitungen dies:
„Wer den Koran als Grundlage seiner Lebensweise hat, kann kein Demokrat sein.“