Nicht mal Fox-News-Weidel kann Merz gefährlich werden

Wer kann dem neuen Bundeskanzler gefährlich werden? Wer schiebt Friedrich Merz mit der Kraft seiner Argumente und dem Feuer seiner Sprache in die Defensive? Wer baut sich zur Merz-Alternative für Deutschland auf? 

Also zur überzeugenden Ersatzfigur für den Regierungschef, falls der nicht halten kann, was er verspricht, in einer Arbeitskoalition ohne Visionen das Land Stück für Stück nach vorn zu schieben, wo es einmal war, als der deutsche Wirtschaftsminister noch Ludwig Erhard hieß? 

Friedrich Merz im Bundestag: Weidel und ihre AfD werden ihm nicht gefährlich

Eines scheint nach dieser ersten Regierungserklärung von Merz, auf die das erste Schaulaufen der Opposition folgte, klar zu sein: Alice Weidel ist es jedenfalls nicht. Die AfD-Chefin mag mit ihrer hochgeschraubten Empörungsrhetorik noch bei den Struktur-Wutbürgern punkten können, aber darüber hinaus ist dann auch schon Schluss. 

Weidel macht bei Merz so weiter, wie sie bei Scholz aufgehört hat, aber: Diese Fox-News-Beschimpfungssprache hat sich mittlerweile verschlissen. Sie fördert auch nichts Neues zutage, keine überraschende Erkenntnis, nichts, worüber nachzudenken sich lohnen würde. Die Attacken auf Merz füllen keine Lücke, sie laufen sich tot. 

Was nicht heißt, dass Weidels Wort von Merzens „historischem Fehlstart“ nicht stimmen würde. Dass er nicht tatsächlich „der Kanzler der zweiten Wahl“ wäre, weil er eben als erster Regierungschef mehr als einen Wahlgang benötigte, um zum Bundeskanzler gewählt zu werden. 

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Weidels Rede ist lupenrein verfassungskonform

Aber im Ernst: Hat man diese Feststellung irgendwo noch NICHT gehört oder gelesen? 

Weidel ist Oppositionsführerin. Und die Rede, die sie hält, ist lupenrein verfassungskonform, falls der Bundesverfassungsschutz angesichts der einen oder anderen Verbalentgleisung der Dame noch darüber nachdenken sollte. 

„Finanzpolitischer Staatsstreich“, liebe Verfassungsschützer, darf man sagen, auch wenn dies den Staat herabsetzen sollte. Den Staat herabzusetzen, fällt unter die Meinungsfreiheit. Ebenso, wie Weidel die CO2-Steuer „Luftsteuer“ nennt und damit banalisiert. Man darf öffentlich sagen, dass man die deutsche Klimaschutzpolitik für einen Irrweg hält. Mag sein, dass es sogar stimmt. 

Dass Afghanen die höchste Kriminalitätsrate bei Deutschlands Gewaltverbrechen aufweisen, hat nichts, aber auch gar nichts Völkisches an sich, es ist schlicht eine Tatsache, testiert vom Bundeskriminalamt. Und auch wenn Weidel sagt, die „Brandmauer“ der CDU sei so etwas wie ein Dauerabo auf linke Macht, ist das nicht zersetzend, sondern: eine Tatsache.  

Wirkt das über die Grenzen des Weidel-Fanclubs hinaus?

Man darf auch seiner Meinung öffentlich Ausdruck geben, dass ein Sieg der Ukraine im Abwehrkrieg gegen die Russen „ohne Dritten Weltkrieg“ nicht zu haben sei – es fällt unter die Meinungsfreiheit. Ob es falsch ist oder richtig, kann niemand wissen. Nicht Weidel, aber auch nicht Boris Pistorius. 

Weshalb soll man also nicht sagen dürfen, was Weidel im Bundestag Friedrich Merz direkt nach dessen Rede entgegenschleudert? Man darf es sagen. 

Fraglich aber ist, ob es wirkt, genauer: ob es über die Grenzen des Weidel-Fanclubs hinauswirkt. Jedenfalls: Merz gefährlich wird Weidel sicher nicht werden. 

Vor dieser AfD-Truppe braucht Merz sicher keine Angst zu haben

Tino Chrupalla ist jetzt deutlich leiser als vorher und weniger radikal. Das hatte er auch angekündigt. Aber geschliffener ist Weidels Doppelpartner deshalb noch lange nicht geworden. Er hat verbal abgerüstet. Intellektuell aufgerüstet hat er nicht. 

„Kritisch, hart, sachorientiert“ werde seine Opposition gegen die Regierung sein. Gähn. 

Da hatte Alexander Gaulands Ankündigung schon weitaus mehr Pfeffer, deswegen blieb sie auch hängen: „Wir werden sie jagen.“ 

Jedenfalls: Wenn die größte Opposition nicht noch bedeutsam zulegt an Witz und Esprit und Einfallsreichtum, dann braucht Friedrich Merz vor dieser Truppe sicher keine Angst zu haben. 

Um die Grünen muss man sich jetzt wirklich Sorgen machen

Eben so wenig wie vor den Grünen. Um die muss man sich nach diesem ersten Schlagabtausch im Bundestag wirklich Sorgen machen. Katharina Dröge hat als die neue Spitzenfrau der bei den Wahlen und auch schon vorher gescheiterten Truppe längst nicht die Ausstrahlung von Robert Habeck. 

Sie hat nicht sein Charisma, sie verfügt nicht über seine Sprachgewalt und produziert nicht diesen sanften Weltuntergangssound des Küchenklimakanzlers aus dem dänennahen Norden Deutschlands. 

Dröge hat an diesem Tag und womöglich nicht nur an diesem ein ganz spezielles Problem: Nach ihr redet Jens Spahn – und der ist als Debattierer von einem ganz anderen Kaliber. 

Er landet gleich mehrere Wirkungstreffer gegen die Kölnerin. Etwa den hier: Wenn man mitverantwortlich sei für die Verdopplung der AfD, dann möge man als grüne Frontfrau besser demütiger auftreten. 

Mit Dröge sind die Grünen weit von Habecks Ziel entfernt

Wenn Spahn feststellt, die bisherige, grün-grundierte Migrationspolitik habe inzwischen nicht nur in Deutschland, sondern in Europa keine Mehrheit mehr, liegt der neue Fraktionsvorsitzende der Union eben richtig. 

Ebenso, wenn er den Vorwurf Dröges kontert, der neue Bundesinnenminister verhalte sich mit den Zurückweisungen an der Grenze rechtswidrig: 

Alle deutschen Nachbarländer, die nunmehr seit Jahren schon „ihre“ Migranten „einfach nach Deutschland weiterreisen“ ließen, verstießen doch gegen das Europarecht. Und ob Dröge weiter zusehen wolle, wie die ungeordnete Migration die „deutsche Gesellschaft destabilisiert“? 

Klar: Wer Dröge gut findet und Spahn schlecht, der wird auch nach dieser Debatte im Bundestag bei seiner Meinung bleiben. Aber die Grünen unter Habeck wollten einmal dadurch wachsen, dass sie in der Mitte neue Fans rekrutieren – davon ist Dröge weit entfernt. Und Spahn dürfte ihr das auch in Zukunft angriffslustig vermiesen. 

Da ist gottlob noch Heidi Reichinnek

Und die Linke? Sören Pellmann ist ein glatter Ausfall. Deutschland solle „friedenstüchtig“ sein, ist noch das Originellste, was dem Linken-Vormann einfällt. Sogleich sehnt man sich zurück nach Ton und These von Dietmar Bartsch, der bis weit hinein ins bürgerliche Lager ernst genommen wurde. Von Pellmann ist das kaum zu befürchten. 

Aber halt: Da ist gottlob noch Heidi Reichinnek. Bei ihr hätte der Verfassungsschutz vermutlich mehr zu tun als bei Frau Weidel, der es noch nicht eingefallen ist, Deutschlands Wirtschaftsverfassung glattweg abschaffen zu wollen. Dafür hört man dieser Jeanne d’Arc der Entrechteten gerne zu: 

„Keine Rendite mit der Miete“ ist zwar betriebswirtschaftlicher und sozialer Blödsinn – aber immerhin ist es unterhaltsam, reimt sich auch noch und läuft bestimmt auch ganz gut bei TikTok. 

„Kunst ist keine NGO mit Orchester“, sagt Wolfram Weimer

Wirklich gern lauscht man diesem weißhaarigen Timbre von Wolfram Weimer. Nach den schrillen Entgleisungen seiner Vorgängerin Claudia Roth dürfen sich von der neuen Regierung nun auch wieder Bildungsbürger angesprochen fühlen. 

Allein Weimers Satz, „Kunst ist keine NGO mit Orchester“ war es wert, bis zu seinem Auftritt im Parlament ausgeharrt zu haben. Weimer brachte es fertig, die sich bei ihm gar nicht einmal so unklug anbiedernde AfD auf Abstand zu halten und gleichzeitig Claudia Roth zu loben. 

Immerhin sitzt im Kabinett von Merz jetzt ein Neu-Berliner, der einen derartigen Spagat unfallfrei hinbekommt. Immerhin: Die „rote Heidi“ verspricht, „wir werden hier noch viel Spaß miteinander bekommen“. 

Hoffen wir es. 

Soweit wir es mitbekommen haben, hat niemand Annalena Baerbock vermisst.   

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