Verfassungsschützer entlarven 3 ukrainische Russen-Spione – dank winzigen Geräts

Der Plan klang so simpel wie perfide. Drei Ukrainer sollen Sprengstoffanschläge auf Güterzüge ausgeheckt haben, die sich auf dem Weg in ihre Heimat befanden. Und zwar mutmaßlich im Auftrag russischer Hintermänner. Zu diesem Zweck hatten die Akteure zwei Testläufe mit Sprengstoffpaketen organisiert, die sie nach FOCUS-online-Informationen mit GPS-Trackern versehen hatten. Auf diese Weise wollten die mutmaßlichen Attentäter die explosiven Sendungen verfolgen, um sicherzugehen, dass diese zum rechten Zeitpunkt hochgehen würden.

Am 25. März sollen Vladyslav T., Daniil B. und Yevhen B. sich dazu entschlossen haben, die Sprengstoffanschläge zu begehen. Wenige Tage danach bekamen Verfassungsschützer aus NRW und dem Bundesamt Wind von der Sache. 

GPS-Tracker verraten mutmaßliche ukrainische Saboteure

Die winzigen GPS-Tracker der Testpakete hatten die mutmaßlichen Verschwörer verraten. Die Beamten der Inlandgeheimdienste ließen die Verdächtigen fortan nicht mehr aus den Augen. Unter anderem, sollen sie zeitweise rund um die Uhr von der Abteilung für Spionageabwehr und der Observationsgruppe des Verfassungsschutzes beobachtet worden sein. 

Dabei erhärtete sich der Verdacht gegen die Männer zusehends. So jedenfalls liest sich die Mitteilung der zuständigen Bundesanwaltschaft. Und mehr noch: Die drei Ukrainer sollen im Auftrag „russischer staatlicher Stellen“ gehandelt haben.

Mehr aus dem Bereich Ausland

Israels Armee beginnt neue Großoffensive in Gaza
Samstag, 17.05.2025 | 00:03
"Dann machen sie einen sehr schweren Fehler": Wirbel vor Merz-Besuch in Italien
Freitag, 16.05.2025 | 22:10
Europa rüstet auf - Wer führt, wer folgt, wer zahlt?
Freitag, 16.05.2025 | 22:00
Rückschlag im eigenen Lager: Ausschuss lehnt Trumps "big, beautiful bill" ab
Freitag, 16.05.2025 | 20:51
Rückschlag im eigenen Lager: Ausschuss lehnt Trumps "big, beautiful bill" ab
Freitag, 16.05.2025 | 20:39
Ukraine greift russisches Militärlager auf der Krim an – Videos zeigen riesigen Feuerball
Freitag, 16.05.2025 | 18:35
Putin-Vertreter droht ukrainischen Verhandlern offen – Gefangenenaustausch vereinbart
Freitag, 16.05.2025 | 16:30
Ukraine und Russland tauschen 1000 Gefangene aus
Freitag, 16.05.2025 | 16:19
Goldschürfen für die Green Card: Trump-Ministerin plant TV-Show für Migranten
Freitag, 16.05.2025 | 14:21
Ukraine verliert bei riskantem Einsatz zum dritten Mal einen F-16-Jet
Freitag, 16.05.2025 | 13:51
Orban plant Gesetz in Ungarn, das Kritik an seinem Regime mundtot macht
Freitag, 16.05.2025 | 13:20

Meistgelesene Artikel der Woche

Warum Sie nie mehr "Sehr geehrte" in E-Mails schreiben sollten
Donnerstag, 24.04.2025 | 13:40
Neue Bahnstrecke wird zum Milliardenflop, weil Steigung für Züge zu anspruchsvoll ist
Donnerstag, 24.04.2025 | 06:36
Sechs Meter hohe Wellen, Panik an Bord: Aida-Schiff gerät in heftigen Sturm
Dienstag, 22.04.2025 | 18:13
Eltons Finale bei "Wer weiß denn sowas?" – Abschiedsgeschenk ist kurios
Sonntag, 27.04.2025 | 08:16
Schwanger von Massai auf Sansibar – dann geht Franzi durch die Liebes-Hölle
Samstag, 26.04.2025 | 09:04
„Hier funktioniert das“: Rentner hat dank Auswanderung keine Geldsorgen mehr
Donnerstag, 24.04.2025 | 06:08

Am 9. Mai nahm die Polizei Vladyslav T. in Köln fest. Der 24-jährige Migrant war zeitweilig bei seiner Mutter untergekommen, die ebenfalls in der Rheinmetropole lebt. Unter Tatverdacht geriet auch seine 21-jährige Lebensgefährtin. Vladyslav und seine Freundin, die später wieder freikam, wurden durch die Staatsschützer getrennt voneinander in einer Wohnung und auf der Straße überrascht.

Daniil B. setzten Einsatzkräfte tags darauf in Konstanz am Bodensee fest. Dort lebte er in einer Asylunterkunft. Am Dienstag fassten Polizisten Yevhen B. im Kanton Thurgau in der Schweiz. 

Die drei ukrainischen Männer sind laut Bundesanwaltschaft dringend der Agententätigkeit zu Sabotagezwecken verdächtig, außerdem wird ihnen vorgeworfen, sich zur Begehung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion bereit erklärt zu haben.

Die mutmaßlichen Saboteure sitzen in Untersuchungshaft und sollen in Kürze erneut vernommen werden. Das Bundeskriminalamt wertet zurzeit sichergestellte Datenträger aus.

Vladyslav T. sollte die Sprengstoff-Pakete verschicken

Nach FOCUS-online-Informationen soll Vladyslav T. die Aufgabe übernommen haben, die Sprengstoff-Pakete zu verschicken. Vermutlich über den Paketdienstleister Nova Poshta, ein privates ukrainisches Post- und Kurierunternehmen, das nach eigenen Angaben täglich 1,5 Millionen Frachten in der Ukraine zustellt.

Den Erkenntnissen der Ermittler zufolge sollten die Bomben nicht in Deutschland explodieren, sondern im Ausland. Als Sprengstoff sollen die Beschuldigten Thermit erwogen haben, ein Gemisch aus Aluminium und Eisenoxid, das bei Entzündung Temperaturen bis zu 2200 Grad Celsius erreicht und daher als „Brandwaffe“ klassifiziert wird. 

Die Testläufe mit zwei Paketen soll Vladyslav T. laut Bundesanwaltschaft Ende März in Köln initiiert haben. Den Auftrag zu dem Probelauf soll Yevhen B. erteilt haben. Er habe über den dritten mutmaßlichen Komplizen auch die Paketinhalte zur Verfügung gestellt, so die Bundesanwaltschaft.

Die Sicherheitsbehörden stufen die inhaftierten Tatverdächtigen als so genannte Low-Level-Agents ein. Spione, die nach Erkenntnissen der Ermittler gegen ein überschaubares Honorar angeworben werden. Kleine Lichter, die am Ende einer langen Befehlskette stehen. Ob die drei Beschuldigten wussten, dass hinter dem Auftrag wohl das Putin-Regime stand, ist noch unklar. Einer der drei Saboteure soll zumindest früher Kontakte zu russischen Stellen unterhalten haben.

Herbert Reul: „Neue Qualität hybrider Bedrohungen auch hier bei uns in Nordrhein-Westfalen“ 

Die Ermittler werten den Modus Operandi der Verdächtigen als Teil eines Plans der russischen Regierung. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach auf einer Pressekonferenz am Dienstvormittag von „ganz erheblichen Vorwürfen“ und einer „neuen Qualität hybrider Bedrohungen auch hier bei uns in Nordrhein-Westfalen“. 

Russland mache Druck, wolle in Deutschland „verunsichern und Schaden anrichten“, erklärte der Minister. Die Angriffe der Agenten richteten sich sowohl gegen staatliche Institutionen, als auch gegen die kritische Infrastruktur, die Privatwirtschaft und Einzelpersonen. Deutschland komme dabei „höchste Priorität“ zu, warnte Reul. Die hiesigen Sicherheitsbehörden gingen „entschlossen und vernetzt“ gegen Gefahren wie Desinformation, hybride Bedrohungen, illegitime Einflussnahme und Staatsterrorismus vor.

Hintergrund ist eine wachsende Sorge westlicher Geheimdienste vor einer stetig wachsenden russischen Sabotagekampagne in Europa. 2024 kam es bereits zu mysteriösen Zwischenfällen: Im Juli fing am Flughafen Leipzig ein Container Feuer – das Paket war nach London adressiert und enthielt einen Brandsatz. Nur durch Zufall war die Frachtmaschine noch nicht gestartet. Wenige Tage später gab es einen ähnlichen Vorfall in England. Beide Pakete kamen aus Litauen.

April 2024 wurde der Deutschrusse Dieter S. festgenommen

Im April 2024 wurde der Deutschrusse Dieter S. festgenommen. Er soll Anschläge auf militärisch genutzte Infrastruktur und Industriestandorte vorbereitet und darüber mit einem Mitarbeiter eines russischen Geheimdiensts gesprochen haben. Die Attentate sollten laut Anklage die militärische Unterstützung für die Ukraine unterminieren. Der Prozess gegen S. und zwei mutmaßliche Helfer beginnt kommenden Dienstag vor dem Oberlandesgericht München.

Bereits im Februar fiel ein weiterer Sabotageakt über Low-Level-Agents mit dem Kreml im Hintergrund auf. Über einen klandestinen Messengerdienst soll ein russischer Drahtzieher drei junge Männer vom Balkan dazu angestiftet haben, pro Woche 500 Autos in Deutschland mit einem Baustoffschaum lahmzulegen.

Pro beschädigten Wagen sollten die Saboteure 100 Euro kassieren. Die Aktionen sollten die Handlanger militanten Klimaaktivisten in die Schuhe schieben. Sticker des damaligen Grünen-Wirtschaftsministers Robert Habeck. („SEI GRÜNER!“) sollten eine falsche Spur in Richtung der Öko-Partei legen. Schon meldeten Medien Anschläge von Klimaaktivisten. Die Baustoffmasche schien zu zünden.

Ein Beispiel dafür, wie russische Stellen über falsche Identitäten via Social Media oder auf nachgebauten Nachrichtenseiten Fake News verbreiten. „Gezielt bauen die Russen über Twitter fingierte Profile auf, die dann etwa den Slogan kolportieren, dass die Unterstützung der Ukraine Deutschland ins Elend führe“, erklärte NRW-Verfassungsschutzchef Jürgen Kayser in einem FOCUS-online-Interview Anfang Februar.

Demnach hetzen falsche Influencer gegen hiesige Parteien, die nicht genehm sind. „Insbesondere gegen die Grünen“, berichtet Kayser. „Das war schon bei der letzten Bundestagswahl so. Durch Fake-News versucht man gerade diese Partei zu diskreditieren und auf diese Weise die Meinungsbildung in der Bevölkerung zu beeinflussen.“

Laut Kayser etwa über sogenannte „Low-Level-Agenten“, auch als Proxys bezeichnet, die für kleines Geld rekrutiert werden, um Sabotageakte zu begehen. Anschließend schlachten soziale Kanäle mit Russen-Hintergrund die falschen Nachrichten zum Nachteil missliebiger deutscher Parteien aus. 

Geheimdienst-Operationen mithilfe von Kleinkriminellen

Die Geheimdienst-Operationen mithilfe von Kleinkriminellen haben nach Erkenntnissen des Landesverfassungsschutzchefs seit dem Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine vor allem einen Grund: „Viele russische Diplomaten aus Deutschland wurden ausgewiesen, das heißt, man verfügt hier nicht mehr über ein entsprechendes Netzwerk professioneller Agenten.“ 

Zugleich stünden die russischen Nachrichtendienste unter hohem Erfolgsdruck, neue Informationen zu generieren oder Aktionen im Sinne des Kreml-Regimes durchzuziehen. „Und deswegen geht man deutlich robuster vor. Eine dieser Operationsmöglichkeiten ist eben diese Low-Level-Agenten anzuwerben, die keine professionellen Nachrichtendienstler sind, sie mit finanziellen Prämien zu ködern und zu Sabotageakten anzustiften“, so Kaysers Fazit.  

Russlands Schattenmänner sabotieren kritische Infrastrukturen, attackieren mittels Cyberangriffen. „Man nutzt den gesamten Werkzeugkasten, um einfach in der Bevölkerung ein Gefühl zu erzeugen, die Deutschen würden in einem unsicheren Land leben“, so der nordrhein-westfälische Verfassungsschutzchef. Ziel sei es, das Vertrauen in die deutschen Regierungsinstitutionen zu schwächen. „Um dann in einem zweiten Schritt Personen und Parteien zu stärken, die dem Autokraten in Moskau nahestehen“, erklärt Kayser.

Das könnte Ihnen auch gefallen