Folgt auf Lindner: Christian Dürr ist neuer FDP-Chef

Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl hat die FDP ihren Erneuerungsprozess eingeleitet. Ein Parteitag in Berlin wählte den früheren Fraktionschef Christian Dürr mit 82 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen Bundesvorsitzenden. Er löst Christian Lindner ab, der als Konsequenz aus dem Scheitern an der Fünf-Prozent-Klausel bei der Bundestagswahl am 23. Februar das Amt aufgab. Auf Dürr, der ohne Gegenkandidaten antrat, entfielen 505 der 614 gültigen Stimmen. Es gab 82 Nein-Stimmen und 27 Enthaltungen.

Dürr will neues Grundsatzprogramm und Parteireform

Dürr soll die FDP bei der nächsten Wahl in vier Jahren wieder zurück in den Bundestag führen. Seine erste Bewährungsprobe wird aber schon im März kommenden Jahres die Landtagswahl in Baden-Württemberg sein, das die Liberalen als ihr Stammland ansehen.

Dürr kündigte vor seiner Wahl an, er wolle ein neues Grundsatzprogramm erarbeiten lassen und eine Reform der Strukturen und Prozesse in der FDP vornehmen. "Ich will, dass wir inhaltlich die modernste Partei in Deutschland sind. Ich will aber, dass wir auch organisatorisch die modernste Partei in der Bundesrepublik Deutschland werden." Das neue Programm soll sich nicht auf das Grundsätzliche beschränken, sondern die liberalen Zielsetzungen und Überzeugungen in die konkrete Lebenswirklichkeit der Menschen übersetzen. Der Arbeitstitel könne "Freiheit konkret" sein. 

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Dürr rief seine Partei auf, bei ihren Grundüberzeugungen Kurs zu halten. Bei der Wahl seien die Extreme die strahlenden Sieger gewesen, alle - auch die FDP - müssten sich daher hinterfragen. "Aber die Antwort kann nicht sein, dass man sämtliche Überzeugungen nach der Bundestagswahl über Bord wirft."

Lindner attackiert zum Abschied Regierung Merz    

Dürr rief die Liberalen zu Geschlossenheit auf und lehnte eine Kursänderung nach rechts strikt ab. Manche gäben der FDP jetzt den Ratschlag, sie solle mehr nach rechts rücken und "irgendwie konservativ werden". Andere erklärten, der Wirtschaftsliberalismus habe sich längst überholt. "Diese Sirenenrufe - wir hören sie, aber wir folgen ihnen nicht."

In seiner mit fünfminütigem Beifall gefeierten Abschiedsrede attackierte Lindner die neue Bundesregierung und Kanzler Friedrich Merz (CDU). Es sei gut für Deutschland, dass es durch die Bundestagswahl eine Richtungsentscheidung gegeben habe. "Paradoxerweise hat die Regierung Merz aber eine andere Richtung eingeschlagen, als die Wählerinnen und Wähler vorgegeben hatten", sagte Lindner. "Die Wählerinnen und Wähler haben mehrheitlich gewählt: weniger Staat und mehr Freiheit. Geliefert wird jetzt: mehr Staat und mehr Schulden."

Debatte über künftigen Kurs der FDP 

Lindner sprach sich vehement gegen einen Kurswechsel als Reaktion auf die Wahlniederlage aus. "Manche raten uns, den Standort in der politischen Landschaft zu wechseln. Mein Rat ist das nicht", sagte er. "Die Zukunft der FDP liegt nicht in einem Schwenk nach links oder rechts. Sie liegt in einer politischen und personellen Erneuerung."

Auch der frühere Bundesjustizminister Marco Buschmann warnte vor einer Annäherung nach rechts. "Schon der Anschein, mit Rechtsextremisten zu kooperieren, beschädigt die Seele einer liberalen Partei. (...) Wer die FDP nach rechts führen will, der führt sie in den Untergang."

Dürr sagte dazu, manche gäben der FDP jetzt den Ratschlag, sie solle mehr nach rechts rücken und "irgendwie konservativ werden". Andere erklärten, der Wirtschaftsliberalismus habe sich längst überholt. "Diese Sirenenrufe - wir hören sie, aber wir folgen ihnen nicht."

FDP auch in den Bundesländern unter Druck

Die FDP hatte bei der Bundestagswahl am 23. Februar nur 4,3 Prozent der Zweitstimmen geholt und ist seitdem nicht mehr im Bundestag vertreten. Dies war auch schon von 2013 bis 2017 der Fall. Damals hatte Lindner die Partei erst zurück in den Bundestag und dann 2021 in die Bundesregierung mit SPD und Grünen geführt, die aber vorzeitig zerbrach. Auch auf Landesebene sieht es schlecht für die Liberalen aus: Sie sitzen nur noch in 8 von 16 Landtagen. 

Bisheriger Parteivize Vogel sieht existenzbedrohende Lage

Der ebenfalls aus dem Amt geschiedene Vizeparteichef Johannes Vogel sieht die Liberalen jetzt in einem Überlebenskampf. Sie seien zum zweiten Mal in ihrer Geschichte nicht wieder in den Bundestag gekommen, sagte er bei der Eröffnung des Parteitags. "Das ist ein existenzbedrohender Einschnitt. Aber diese Partei lebt." Vieles sei heute anders als 2013, sagte Vogel. "Aber etwas gibt uns Kraft und Orientierung. Nämlich, dass wir es als Partei schon einmal bewältigt haben. Das zeigt: Es ist möglich."

Lindner sagte, der Parteitag möge sich für viele Liberale wie ein Nullpunkt anfühlen. Aber: "Er ist nur ein neuer Anfang für diese großartige Freie Demokratische Partei."

Lindner dankt FDP für "großartige Reise"

Lindner erhielt für seine Rede gut fünf Minuten begeisterten Beifall, was ihn sichtlich rührte. Der Abschied falle ihm nicht leicht, gestand er. Er zog eine positive Bilanz seiner gut elf Jahre an der Spitze der FDP. "Ich schaue auf eine großartige Reise mit Euch zurück. Und dafür bin ich zutiefst dankbar", sagte er zu den Delegierten. Viele von ihnen dankten ihm anschließend in der Aussprache. 

Keine kritische Analyse des Wahldebakels

Eine kritische Analyse der Gründe für das Wahldebakel lieferte Lindner nicht. Er sprach nur allgemein von Fehlern und vom Verlust an Zustimmung und Glaubwürdigkeit in der Ampel-Koalition. "Das werden wir unter einer neuen Parteiführung aufarbeiten, um daraus zu lernen." Mit Blick auf die drei Jahre in der Ampel sagte Lindner aber auch: "Wir haben in Regierungsverantwortung getan, was in der Konstellation möglich war. Das war im übrigen gar nicht so wenig."

Eine Abrechnung der Basis mit der Parteiführung wegen der desaströsen Bundestagswahl blieb auch in der Aussprache über Lindners Rede aus. Eine der wenigen kritischen Stimmen kam von der Berliner Delegierten Karoline Preisler. "Die alte FDP-Führung hat versagt", sagte sie. "Ihr seid verantwortlich, nur Ihr."

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