Experte kritisiert Merz' Bundeswehr-Milliarden: „Das ist doch nicht logisch“
Im Gespräch mit Tijen Onaran im „MUT-Talk“ spricht der Sicherheits- und Militärexperte Nico Lange offen über die Herausforderungen und notwendigen Reformen der Bundeswehr. Er stellt klar, dass es nicht ausreicht, einfach nur mehr Geld zur Verfügung zu stellen:
„Ich bin da mittlerweile fast schon radikal. Also zu sagen, wir machen alles wie immer, nur wir haben mehr Geld, das führt dazu, dass man sehr viel Geld ausgibt, ohne die Einsatzbereitschaft zu bekommen. Das ist doch nicht logisch. Man muss das anders machen.“
Militärexperte: „Milliarden werden in nicht funktionierendes System gekippt“
Lange betont, dass grundlegende Veränderungen notwendig sind und dass es nicht weitergehen könne wie bisher: „Weniger Generäle geht auch. Das ist aber gar nicht so scherzhaft, das ist total ernst. Weniger Bürokratie, das Geld schnell ausgeben, die Industrie dazu bringen, dass sie sich auch mal Wettbewerb aussetzt und ein Risiko eingeht. Vielleicht auch mal billigere, einfache Dinge einkaufen. Davon aber ganz viele.“
Auch die Verantwortung gegenüber den Schulden, die für das Sondervermögen aufgenommen wurden, hebt er hervor: „Ich möchte als Staatsbürger eigentlich sehen, dass dieses viele Geld, das ja Schulden sind, mit wirklich harten Reformen verbunden ist. Man kann die doch nicht in ein nicht funktionierendes System reinkippen.“
Mehr aus dem Bereich Ausland
Meistgelesene Artikel der Woche
Nico Lange über Bundeswehr-Milliarden: „Ich verstehe jeden Steuerzahler“
Eine Illusion der Einsatzfähigkeit dürfe nicht länger aufrechterhalten werden: „Wir können uns ja nicht die ganze Zeit einreden, das läuft ja im Großen und Ganzen ganz gut. Das ist ja nicht der Fall. Ich verstehe auch jeden Steuerzahler, der sagt: Jetzt haben die schon so viel Geld ausgegeben und trotzdem sagt jeder noch, die sind immer noch blank, das passt doch irgendwie nicht zusammen.“
Lange fordert deshalb eine klare Veränderung: „Radikale Veränderung zusammen mit dem Geld? Ja! Und wenn das so nicht funktioniert, muss man es vielleicht mal andere Leute machen lassen.“
„Wir haben zu viel geguckt: Wofür hatten wir früher das Geld nicht?“
Bei der Frage nach der militärischen Ausstattung kritisiert er die rückwärtsgewandte Beschaffungspolitik der letzten Jahre: „Wir haben zu viel geguckt: Wofür hatten wir früher das Geld nicht? Und haben dann Dinge beschafft, die wir vor zehn Jahren gern gehabt hätten. Was ist denn eigentlich mit den technologisch neuen Dingen? Was ist mit Satellitenfähigkeiten, mit Drohnen, mit autonomen Systemen, mit elektronischer Kampfführung?“
Er fordert stattdessen einen klaren Fokus auf technologische Weiterentwicklung: „Es wäre aus meiner Sicht ein Fehler, das wieder in große, teure, langsam zu produzierende Plattformen (...) zu stecken. (...) Man muss eine Priorität setzen für diese technologischen Dinge nach vorn. (...) Wir können uns nicht leisten, dass künftig nur noch die Amerikaner und die Chinesen bestimmte technologische Fähigkeiten haben.“
Militärexperte macht schockierenden Drohnen-Vergleich mit der Ukraine
An einem Beispiel macht Lange deutlich, wie groß die Unterschiede bereits jetzt sind: „Die Bundeswehr hatte Ende des Jahres 2024 ein bisschen mehr als 600 Drohnen, davon fünf bewaffnungsfähig, nicht mal bewaffnet. Die Ukraine hat allein im Jahr 2024 3 Millionen Drohnen produziert.“ Für ihn ist klar: „Es muss in die richtige Richtung, technologisch nach vorn ausgegeben werden.“
Sein Fazit ist unmissverständlich: „Es müssen strukturelle Veränderungen damit verbunden sein. Dann gibt es auch eine Chance, dass das richtig angelegt ist, und dann kann man auch nicht immer nur sagen: Ja, wir brauchen nur noch mehr Geld, noch mehr Geld, noch mehr Geld und dann wird alles besser.“
Den ganzen Talk mit Nico Lange sehen Sie hier auf FOCUS online und auf Spotify.