Interview mit Theo Waigel: „Nie ein Nachteil, wenn eine Währung stark ist“
Theo Waigel erwartet einen stärkere Rolle für die europäische Gemeinschaftswährung Euro. „Der Euro steht im Weltwährungssystem an zweiter Stelle mit einem Anteil von 20 Prozent. Der dürfte zunehmen“, sagt der ehemalige Bundesfinanzminister und „Mister Euro“ vor dem Ludwig-Erhard-Gipfel (7. bis 9. Mai am Tegernsee).
Dass der Kurs des Euro etwa zuletzt zum Dollar gestiegen ist – unter anderem wegen der erratischen Wirtschaftspolitik der US-Regierung – sorgt den CSU-Ehrenvorsitzenden nicht. „Es ist nie für eine Währung von Nachteil, wenn sie stärker wird“, sagte er der WEIMER MEDIA GROUP. „Es spiegelt Vertrauen in die Wirtschaft und auch in die zukünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik wider.“
„Die Wirtschaft muss sich natürlich etwas anstrengen“
Waigel fühlt sich mit Blick auf den derzeit harten Euro gar an alte Glanzzeiten der für ihre Stärke gerühmten D-Mark erinnert. „1985 war ich erstmals bei der Fed zu Besuch, also der US-Zentralbank Federal Reserve“, erinnert er sich. „Damals hatten wir einen solchen Swing: von 3,50 Mark für den Dollar bis auf 1,35 Mark für den Dollar innerhalb eines Jahrzehnts.“ Die aktuelle Euro-Stärke bewegt sich nach seiner Ansicht ganz im Rahmen der D-Mark-Stärke. „Die Wirtschaft muss sich natürlich etwas anstrengen“, sagt Waigel. Ein starker Euro bedeute eine Herausforderung, etwa beim Export. „Dafür nützt es uns im Urlaub, wenn wir ins Ausland fahren“, hält er dagegen.
Mehr aus dem Bereich Wirtschafts-News
Meistgelesene Artikel der Woche
Ins Zweifeln bringt ihn auch nicht der mit dem Einbruch des Dollar in jüngster Zeit massiv aufgewertete Rubel. „Der Rubel spielt für uns keine große Rolle“, stellt Waigel fest. „Wenn sich die Dinge in Amerika stabilisieren, wird eher die US-Wirtschaft ein wichtiger Partner sein und bleiben.“
Waigel fordert unter anderem Bürokratieabbau
Der designierten neuen Bundesregierung rät Waigel: „Wichtig ist, dass Vertrauen in der Wirtschaft entsteht und stabilisiert werden kann.“ Ein Negativwachstum über zwei Jahre in Folge habe es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben, sagt er. „Hier muss Verlässlichkeit für die Wirtschaft an oberster Stelle stehen.“ Er fordert unter anderem Bürokratieabbau. Und er lobt das Infrastrukturprogramm: „Ich glaube schon, dass das große Infrastrukturprogramm eine wichtige Rolle spielen sollte für mehr Potenzialwachstum und damit auch für mehr Wirtschaftswachstum.
Das Interview im Wortlaut:
WEIMER MEDIA GROUP: Der Euro scheint auf dem Weg zu einer neuen Härte – was sagen Sie als Mister Euro dazu? Welche Chancen und welche Herausforderungen bringt es mit sich?
Theo Waigel: Es ist nie für eine Währung von Nachteil, wenn sie stärker wird. Es spiegelt Vertrauen in die Wirtschaft und auch in die zukünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik wider. 1985 war ich erstmals bei der Fed, also der Zentralbank Federal Reserve. Damals hatten wir einen solchen Swing – von 3,50 Mark für den Dollar bis auf 1,35 Mark für den Dollar – innerhalb eines Jahrzehnts. Die aktuelle Euro-Stärke bewegt sich also im Rahmen der Stärke der D-Mark. Die Wirtschaft muss sich natürlich etwas anstrengen. Ein starker Euro ist eine Herausforderung etwa beim Export. Dafür nützt es uns im Urlaub, wenn wir ins Ausland fahren. Der Euro steht im Weltwährungssystem an zweiter Stelle mit einem Anteil von 20 Prozent. Der dürfte zunehmen. Der Euro wird zweitwichtigste Währung bleiben.
Auch der Rubel erstarkt wegen des Dollar-Einbruchs. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?
Der Rubel spielt für uns keine große Rolle, weil nur noch wenig Verbindung. Wenn sich die Dinge in Amerika stabilisieren, wird eher die US-Wirtschaft ein wichtiger Partner sein und bleiben.
Welches sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten politischen Aufgaben für die kommende Bundesregierung?
Wichtig ist, dass Vertrauen in der Wirtschaft entsteht und stabilisiert werden kann. Ein solches Negativwachstum über zwei Jahre in Folge hat es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben. Hier muss Verlässlichkeit für die Wirtschaft an oberster Stelle stehen. Die Terms of Trade, also unsere Rahmenbedingungen dürfen sich nicht verschlechtern. Wir brauchen Bürokratieabbau. Die Bedingungen für Steuern und Abschreibungen sind hierfür wichtig. Ich glaube schon, dass das große Infrastrukturprogramm eine wichtige Rolle spielen sollte für mehr Potenzialwachstum und damit auch für mehr Wirtschaftswachstum.
Bei seinen Augenbrauen versteht Waigel keinen Spaß.