Top-Experte: Trump will die „völlige Unterwerfung von Selenskyj und der Ukraine“
Für Thomas Jäger, einer der renommiertesten Experten für US-Politik, ist der Eklat Teil einer kalkulierten PR-Aktion. Trump folge einem Manuskript, sagte Jäger zu FOCUS online. "Es ist das Drehbuch eines TV-Showmans, der sich mit Inszenierungen auskennt.“ Für Jäger ist klar, was hinter dieser Inszenierung steckt. Trump habe die Bedingungen für einen Deal von Putin diktiert bekommen: Die Ukraine müsse alle Provinzen im Osten räumen, es dürften keine Nato-Truppe in Ukraine stationiert und die Ukraine müsse demilitarisiert werden. Da Putin als Deal-Partner auch in den USA keinen guten Ruf genießt, könne Trump diesen Deal seinem Land nur verkaufen, wenn er die Ukraine erniedrige und als undankbar und ekelhaft darstelle.
Der Eklat sei für Selenskyj eine Katastrophe. „Der kann nicht mehr viel tun. Er kann nur noch hoffen, dass die Europäer noch auf Trump einwirken. Das sehe ich aber nicht als belastbare Strategie.
Deshalb kann er nur noch hoffen, dass die Europäer die Sicherheit Europas in ihre Hand nehmen und das beginnt mit der Ukraine.“ Es komme jetzt umso mehr auf die Europäer an. Sie müssten noch schneller als bis heute angenommen, „ins Handeln kommen“. Die Hoffnungen, dass man mit Trump noch irgendwie konstruktiv bezüglich der Ukraine ins Gespräch kommen könne, sei „in Schutt und Asche" gelegt worden. „Der Abend zeigt endgültig: „Auf die Amerikaner ist kein Verlass mehr.“
Top-Experte Carlo Masala: Trump "will die völlige Unterwerfung von Selenskyj"
Für den Politik- und Militärexperten Carlo Masala ist klar: „Wir haben gesehen, was die Politik von Trump zum Ziel hat: Er will die völlige Unterwerfung von Selenskyj und der Ukraine unter ihre Vorstellungen. Der Satz, Selenskyj solle zurückkommen, wenn er Frieden wolle, macht deutlich: Trump will, dass der ukrainische Präsident alle Forderungen der USA akzeptiert.“
Masala ist einer der führenden Experten für internationale Politik und Sicherheit und Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München. Zwar sei nach wie vor möglich, dass Trump einen Deal für eine Waffenruhe mit Putin abschließe. Aber, das sei die Lehre aus diesem Tag, das werde nur gegen die Interessen der Ukraine passieren, sagte Masala zu FOCUS online.
Später kritisierte Masala die deutsche Politik auf X scharf. "Ich finde es richtig, dass sich CDU/CSU und SPD eine Karnevalspause gönnen. Alles andere würde ja aussehen, als würde die Zeit drängen", kritisierte er.
Sicherheitsexperte Nico Lange sprach auf X von einer „historisch peinlichen Show“. „Trump hat sich dafür entschieden, Selenskyj dafür verantwortlich zu machen, dass er sein von vornherein absurdes ‚24-Stunden-Friedenswunder‘ nicht vollbringen kann.“
„Das ist ein katastrophaler Fehler für die nationale Sicherheit Amerikas“
Der US-amerikanische Politiker John R. Bolton zieht aus dem Eklat, dass sich Trump und sein Vizepräsident J.D. Vance auf die Seite Putins gestellt haben. „Das ist ein katastrophaler Fehler für die nationale Sicherheit Amerikas“, warnte Bolton auf X. Trump und Vance seien „jetzt persönlich für diese Politik verantwortlich“.
“Das Verhalten der US-Regierung zeigt einmal mehr, dass Europa seine Zukunft stärker in eigene Hände nehmen muss. Wir müssen gemeinsam auf allen Ebenen stärker werden", schrieb der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil auf der Plattform X. „Deutschland muss und wird vorangehen. Auch um der Ukraine zu helfen.“
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht Selenskyj bei. "Wir werden weiterhin mit Ihnen für einen gerechten und dauerhaften Frieden arbeiten", schrieb von der Leyen auf X. An Selenskyj gerichtet schrieb sie: "Sie sind nie allein." Zugleich sprach sie dem ukrainischen Präsidenten, dessen Land seit drei Jahren von Russland angegriffen wird, weiter Mut zu: "Seien Sie stark, seien Sie mutig, seien Sie furchtlos."
"Schlimmer würde es Putin auch nicht treiben"
Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schrieb: „Unter Trump werden die USA zu einer ‚schurkischen Supermacht‘. (…) Schlimmer würde es Putin auch nicht treiben.“
„Das Fertigmachen Selenskyjs vor laufender Kamera war vorbereitet und abgekartet“, meinte der ehemalige CDU-Politiker und Bundesminister für besondere Aufgaben Peter Altmaier. „Die Besuche von Macron und Starmer haben leider nichts bei Trump bewirkt. Weil Europa nicht vorbereitet, nicht einig und nicht handlungsfähig ist.“
Die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner wirft Trump imperialistisches Gebaren vor. „Trump macht klar, was er unter Diplomatie versteht: Erpressung und Ausverkauf. Wer sich nicht kaufen lässt, ist 'undankbar'“, schreibt sie auf der Plattform X. „Das ist kein Frieden, das ist imperialistisches Machtdenken.“
Sie fügte hinzu: „Solidarität mit der Ukraine steht. Jetzt muss Europa die Mittel bekommen, die es wirklich braucht. Kein Zögern mehr.“
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk schrieb auf X an Selenskyj und die Ukraine: „Liebe Freunde, ihr seid nicht allein.“
dvo/mta/mit dpa