Frauen-Duell vor Rekordkulisse: BVB-Bosse haben Revierderby „verlernt“ – Fans aber nicht
Es kribbelt in Dortmund. Revierderby, endlich wieder! Mehr Geschichte, mehr Emotionen, mehr Leidenschaft kann es in einem deutschen Fußballspiel kaum geben. BVB gegen Schalke, es ist die Mutter aller Derbys.
Ein Duell zweier Rivalen, welches schmerzlich vermisst wurde. Das letzte Aufeinandertreffen in Dortmund gab es im September 2022, in der Spielzeit stiegen die Königsblauen dann ab. Am Sonntag kam es nun zum Duell der Frauen-Teams.
BVB gegen Schalke: Rekordkulisse in vierter Liga
Westfalenliga, die vierte Klasse im deutschen Frauen-Fußball. Und dennoch strömen 10.000 Menschen ins Stadion Rote Erde am Fuße des großen Signal-Iduna-Parks. Eine Rekordkulisse!
Es ist ein herrlicher Sonntag. Feinstes Wetter steigert die Laune zusätzlich. Vor dem großen Westfalenstadion lockt eine Fanparty mit Mini-Fußball, Gesichtsmalerei und BVB-Maskottchen Emma. Die fleißige Biene bekommt dabei Unterstützung von Spongebob. Die jungen Fans lieben es.
Dann geht es durch die Mauern aus sandgelbem Bruchstein ins altehrwürdige Baudenkmal nebenan. Rote Tartanbahn, steinerne Ränge, die so viele Geschichten erzählen könnten. Im Süden wartet zwar nicht die Gelbe Wand, dafür das ikonische Marathontor. Der Signal-Iduna-Park spendet mit seinen gelben Stahlträgern erholsamen Schatten.
Revierderby mit großer sportlicher Brisanz
„Die Nummer 1 im Pott sind wir“, stimmen die BVB-Fans vor Anpfiff an. Im Herren-Fußball sowieso, muss sich die Frauen-Abteilung allerdings noch hinter SGS Essen (1. Liga), VfL Bochum (2.Liga) und dem PSV Recklinghausen (3. Liga) anstellen.
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Doch die Ambitionen in Dortmund sind groß. Erst 2021 gegründet, marschierten die BVB-Damen in drei Jahren von der Kreisklasse in die Westfalenliga. Es soll nur eine Durchgangsstation bleiben – und hier kommt Schalke ins Spiel.
Die Königsblauen trennt in der Tabelle vier Spieltage vor Schluss nur ein Punkt von dem schwarz-gelben Rivalen. Nun wollen die noch ungeschlagenen Schalkerinnen die Dortmunder Tormaschinerie wie beim 0:0 im Hinspiel wieder stoppen – und mit einem Sieg die Spitze übernehmen. Der Gewinner des Spiels hat die Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg fest in der Hand.
Die sportliche Brisanz des Revierderbys verschärft das Kribbeln.
Innerhalb weniger Stunden war das Spiel bereits Anfang April ausverkauft. 10.000 Fans in der vierten Liga. Eine Kulisse, von dem selbst im Oberhaus die Teams oft nur träumen können. Bei Zuschauerprimus 1. FC Köln liegt der Schnitt bei 5700 Fans pro Heimspiel.
Watzke und Rauball mit farblichen Malheur
Auf der Haupttribüne im Westen nehmen aber nicht nur die schwarz-gelben Anhänger Platz. Zwei Männer ragen heraus. Hans-Joachim Watzke, BVB-Geschäftsführer, in blauem Hemd, und Dr. Reinhard Rauball, Ex-Präsident, in blauem Sakko.
Ein modisches Statement zu einer neuen blau-gelben Freundschaft? „Vielleicht haben sie sich auch nur vergriffen“, scherzte später die Dortmunder Legende und Stadionsprecher der Herren Nobbi Dickel, selbst im gelben Pullover, gegenüber FOCUS online. Immerhin wars kein Königsblau.
Aber auch Watzke und Rauball erfreuen sich an bestem Wetter, einer tollen Atmosphäre und einem unterhaltsamen Fußballspiel.
Schmähgesänge bleiben im Revierderby nicht aus
Und natürlich auch der typischen Derbystimmung. Pfiffe und Buhrufe gab es bereits, als die Schalkerinnen das Feld betraten. Während des Spiels stimmten die heimischen Fans immer wieder bekannte Schmähgesänge gegen den Erzrivalen an. Das gehört doch im Fußball dazu.
Es bleibt aber fair und friedlich, eine fast schon familiäre Atmosphäre. Es sind viele Kinder im Stadion, die jungen Fans nutzen die weitläufige Tartanbahn vor der Nordtribüne als Spielfläche.
So muss ein Derby sein - ohne Gewalt, ohne den großen Hass. Einfach die Freude ans eigene Team, den Sport und das Event, mit ein paar Sticheleien für die Würze.
Auf dem Rasen ist die sportliche Brisanz sowieso zu spüren. Schalke geht in einem engumkämpften Spiel mit einem Traumtor von Edina Habibovic in Führung (38.) und trübt für einen Augenblick die Dortmunder Feststimmung. Doch noch vor der Pause köpft Dana Marquardt zum Ausgleich ins Knappen-Tor.
"Ein würdiges Derby"
Watzke macht sich fünf Minuten vor Spielschluss auf, gibt noch ein paar Autogramme, posiert für zwei, drei Fotos, verschwindet in die Katakomben und verpasst den Dortmunder Siegtreffer von Annika Enderle. Das Stadion bebt!
Die BVB-Frauen gewinnen das so prestigeträchtige Revierderby – aber viel wichtiger: sie sorgen für die Vorentscheidung im Aufstiegskampf. Da legt sich zumindest Dickel fest, der ein „würdiges Derby mit einem verdienten Sieger“ sah.
Es geht immer weiter aufwärts im Frauenfußball, der BVB ist das perfekte Beispiel dafür. Das erkennt auch Dickel. Ob die schwarz-gelben Damen auch eines Tages nebenan im großen Westfalenstadion spielen werden? „Irgendwann werden sie es müssen, geht ja nicht anders.“