"Atemberaubende Ignoranz": Deutscher Firmenchef rechnet mit Trump ab

Ein zentrales Motiv hinter den Zöllen, die Donald Trump gegen alle Länder verhängte und größtenteils wieder pausierte, ist, dass wieder in den USA selbst produziert wird. Dass das allein aber keine Probleme löst, zeigt das Beispiel des deutschen Automobilzulieferers Fehrer. Das Unternehmen produziert Formpolster für Fahrzeugsitze, Systeme für den Fahrzeuginnenraum sowie Verkleidungs- und Strukturteile für Fahrzeuge.

Seit 1999 produziert Fehrer aus dem unterfränkischen Kitzingen in South Carolina. 2010 kam ein weiteres Werk in Alabama hinzu. Beliefert werden in den USA vor allem die deutschen Autohersteller BMW, Mercedes und VW, aber auch Tesla und Volvo. Auch in Mexiko hat das Unternehmen eine Fabrik. 

Deutscher Autozulieferer sitzt in den USA - Strafzölle treffen ihn trotzdem mit voller Wucht

Nordamerika-Chef Albert Gray, geboren in Deutschland und seit 2007 wohnhaft in den USA, berichtet im Interview mit dem "Spiegel" von einem massiven Wachstum in den vergangenen 15 Jahren. Die Strafzölle der Trump-Regierung machen Fehrer aber Schwierigkeiten, obwohl das Unternehmen in den USA sitzt. "Wir haben ein irre großes Problem", sagt Gray und verweist darauf, dass zahlreiche Komponenten für die Fahrzeuginnenausstattung aus dem Ausland kommen. "Die Masse dieser Komponenten kommt aus China, der Rest aus Europa."

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Einen Lieferanten in den USA zu suchen, ist für ihn keine Alternative: Der Grund: "Es gibt keinen." Das Argument der Trump-Regierung, dass die Billigkonkurrenz die US-Industrie kaputtgemacht habe, kann Gray so nicht nachvollziehen. 

Die Kosten in Asien seien niedriger, aber diese Feststellung greife zu kurz. "Schon heute gibt es einen Mangel an Arbeitskräften in den USA. Wo sollen denn die Leute für die Reindustrialisierung herkommen, über die unser Präsident redet?", fragt er im "Spiegel" und nennt "die Anti-Immigrationspolitik dieser Regierung in dieser Hinsicht nicht förderlich".

Ein Mitarbeiter eines Autozulieferers (Symbolbild). Getty Images / M_a_y_a

"Die Ignoranz ist atemberaubend": Deutscher Unternehmer in den USA rechnet ab

Dabei geht es ihm nicht um Ingenieure, sondern um die Jobs am Band. Diese hätten drei Wochen Einarbeitungszeit, was bei der guten Beschäftigungssituation in South Carolina ein großes Problem darstelle. Der Konkurrenzdruck ist dort enorm hoch, so Gray. "Vor unserem Grundstück stellen Wettbewerber Plakate auf, um Leute am Parkplatz abzuwerben."

"Unser größtes Problem ist, dass viele Neueinstellungen sofort wieder verschwinden, wenn sie irgendwo ein paar Cent mehr Einstiegslohn bekommen", moniert er via "Spiegel" und sagt, dass die Probleme nach der Pandemie noch zugenommen hätten. 

Von der Politik fühlt er sich nicht ernst genommen. "Ich höre immer nur: 'Wir müssen neue Investitionen hierherbringen'." In diesem Zusammenhang berichtet der Fehrer-Chef von einem Treffen mit dem Arbeits- und Handelsministerium 2023, also noch zu Zeiten von Trump-Vorgänger Joe Biden. "Die sagen einfach: 'Wir haben die besten Arbeiter'. Sonst nichts. Die Ignoranz ist atemberaubend."

Mit Rechenbeispiel zeigt Unternehmens-Chef, warum jetzt keiner in die USA geht

Fehrer habe auch schon überlegt, den Standort zu wechseln und weiter in den ländlichen Bereich der USA zu verlegen. "Aber die Kosten, um ein Werk zu verpflanzen, sind einfach zu hoch." Zudem macht Gray darauf aufmerksam, dass die große Unsicherheit der Situation Investitionspläne stoppe. "Das wird ihnen jetzt jeder Unternehmer, mit dem Sie reden, sagen."

Er illustriert das gegenüber dem "Spiegel" mit einem Rechenbeispiel. "Wenn ich mein Werk aus Mexiko in die USA holen würde, dann reden wir von mindestens eineinhalb Jahren. Ich bräuchte eine Finanzierung, müsste Lieferketten umstellen, Ausrüstung transportieren. Aber weiß ich, ob in sechs Monaten das Thema Zoll noch eine Rolle spielt?", fragt Gray. "Oder ob es dann eine Freihandelszone mit China gibt? Wir sind Mittelständler. Ich kann mir nicht leisten, zig Millionen Dollar in den Sand zu setzen."

Ist Donald Trump zu einem Zoll-Deal bereit? Gettyimages

Zoll-Chaos: "Überall bekommt er nur zu hören: 'Wir haben keine Ahnung'"

In Trumps erster Amtszeit sei das noch anders gewesen. "Die Unternehmen konnten darauf vertrauen, dass sie mit ihren Investitionen in den USA wettbewerbsfähig bleiben." Doch die Hoffnung, die sich nach Trumps Wahlsieg im November 2024 einstellte, ist Ernüchterung gewichen - vor allem wegen des Zoll-Chaos.

"Die Zollregelungen sind total verwirrend. In den Nachrichten ist von 145 Prozent, von zehn Prozent oder von 25 Prozent die Rede, aber niemand weiß wirklich, wie das im Einzelnen aussieht", sagt Gray. Er habe sogar jemanden in der Logistik, der sich mittlerweile ausschließlich mit Zöllen befasse. "Überall, wo er anruft, bekommt er nur zu hören: 'Wir haben keine Ahnung.' Es ist unglaublich, wie amateurhaft die Umsetzung läuft."

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