Russen-Star bricht Allzeit-Rekord: Dass er mit Putin eng ist, wird zum Problem
Der russische Eishockey-Superstar Alexander Owetschkin hat den Rekord gebrochen, den viele Experten lange für unerreichbar hielten: Wayne Gretzkys Bestmarke von 894 Toren in der regulären Spielzeit der nordamerikanischen Profiliga NHL.
Die kanadische Eishockey-Ikone Gretzky, inzwischen 64 Jahre halt, war von 1979 bis 1999 in der NHL auf Torejagd gegangen. Owetschkin, der seit 2005 in der NHL für die Washington Capitals spielt, steht seit Sonntag bei 895 Treffern.
Seit Wochen gab es keine Zweifel mehr, dass der 39 Jahre alte Russe, den sie wegen seiner Rückennummer "Great 8" nennen, noch in dieser Saison Gretzkys Rekord knacken wird. Nun mangelt es nicht an Glückwünschen für Owetschkin - auch nicht von den Verantwortlichen der NHL. Doch es gibt auch Menschen, die über die ständigen Lobeshymnen auf den Russen irritiert sind.
Denn Owetschkin ist nur auf dem Eis ein Linksaußen. Auch mehr als drei Jahre, nachdem Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine begann, hat Owetschkin sein Profilbild auf Instagram noch nicht geändert.
Es zeigt ihn lächelnd neben dem russischen Präsidenten. 2017 hatte der Eishockeyspieler ein "Putin-Team" ins Leben gerufen, um den Präsidenten bei seiner Wiederwahl-Kampagne 2018 zu unterstützen.
Profilbild bei Instagram mit Putin
"Stellen Sie sich einmal vor, ein NHL-Spieler wie Sidney Crosby [kanadischer NHL-Superstar - Anm. d. Red.] hätte auf seinem Profilbild in den sozialen Medien den Arm um Harvey Weinstein oder Jeffrey Epstein [prominente verurteilte US-Sexualstraftäter] gelegt. Können Sie sich die Empörung vorstellen? Die Liga würde ihn anweisen, das Bild sofort zu löschen. Die Reaktionen in den sozialen Medien würden explodieren", sagt der kanadische Eishockey-Experte Paul Romanuk im Gespräch mit der Deutschen Welle.
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"Und doch kann man diesen großartigen Eishockeyspieler immer noch Seite an Seite mit einem Diktator haben, der einen Krieg gegen ein unschuldiges Land wie die Ukraine führt. Und die NHL zuckt nur mit den Schultern."
Die Verantwortlichen der Liga hatten sich in Sachen Putin weitgehend bedeckt gehalten - abgesehen von einer Erklärung, die sie 2022 kurz nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs veröffentlicht hatten.
"Die National Hockey League verurteilt den Einmarsch Russlands in die Ukraine und drängt auf eine schnellstmögliche friedliche Lösung", erklärte die Liga damals. "Mit sofortiger Wirkung setzen wir unsere Beziehungen zu unseren Geschäftspartnern in Russland aus und lassen unsere Aktivitäten auf russischsprachigen Social-Media-Kanälen und Internetportalen ruhen."
Gleichzeitig drückte die Liga ihre Besorgnis über "das Wohlergehen der russischen Spieler aus, die in der NHL für ihre Klubs und nicht im Namen Russlands spielen".
Owetschkin über Putin: "Mein Präsident"
Owetschkin vermeidet es, sich zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu äußern. Auch die Deutsche Welle bekam auf eine offiziell über die Washington Capitals an ihn herangetragene Anfrage keine Antwort.
Lediglich kurz nach dem 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Einmarschs, antwortete er auf die Frage eines Reporters, ob er Putin trotzdem immer noch unterstütze: "Nun, er ist mein Präsident."
Owetschkin lehnte es ab, die russische Militäraktion Moskaus zu kritisieren, sondern beließ es bei einem allgemeinen Friedensappell. "Bitte keinen Krieg mehr", sagte der Eishockey-Profi. "Es spielt keine Rolle, wer im Krieg ist - Russland, die Ukraine oder andere Länder."
In einem Pressebericht der New York Times von 2022 wurde gemutmaßt, dass Owetschkin sein Instagram-Profilbild aus Sorge um seine in Russland lebende Familie nicht ändere. Kritiker widersprachen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Putin Vergeltung an Familien von Sportlern übe, die dem Krieg kritisch gegenüberstünden.
Hall-of-Fame-Mitglied Hasek kritisiert Owetschkin
Seitdem ist es in den nordamerikanischen Medien in Sachen Owetschkins Nähe zu Putin ruhig geworden. In den Berichten über ihn ging es nur noch um die Jagd nach Toren und dem Rekord Gretzkys.
Ein Unding, findet Dominik Hasek, früherer tschechischer Nationaltorwart, der lange in der NHL spielte und 2014 in die "Hockey Hall of Fame" aufgenommen wurde.
Jubel mit Owetschkin? "Dann würde ich Werbung für einen Krieg machen"
"Russland begeht die schrecklichsten Verbrechen, darunter einen Völkermord an ukrainischen Kindern", schreibt Hasek an die Deutsche Welle. Als russischer Bürger sei Owetschkin "ein riesiges Aushängeschild für den aggressiven russischen Krieg und andere russische Verbrechen".
Die Fans sehen das offenbar anders. In einer nicht repräsentativen Deutsche-Welle-Umfrage unter nordamerikanischen Eishockey-Anhängern gab es einhellige Unterstützung für Owetschkin. Man wolle den Sport unbelastet von der Politik genießen, so der Tenor, den ein Fan so auf den Punkt brachte: "Solange die NHL sich dafür entscheidet, 'Great 8' für seine Leistungen zu feiern, sollten wir das auch tun. Putin ist für Putin verantwortlich, nicht Owetschkin."
Nun hat der Stürmer der Washington Capitals den Torrekord gebrochen, weder Ex-Torwart-Star Hasek noch Eishockey-Experte Romanuk wollen mitjubeln. "Dann würde ich ja Werbung für einen Krieg machen, der eine große Anzahl von Menschenleben kostet", sagt Hasek.
"Der Eishockey-Fan in mir bewundert Owetschkins Leistungen als Spieler. Ich halte ihn für den besten reinen Torjäger in der Geschichte des Spiels", erklärt Romanuk. "Aber ich haben keinen Respekt vor diesem Mann, seinen politischen Ansichten und vor den Leuten, mit denen er sich zusammentut."
Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original "Ovechkin set for NHL goal record but Putin link casts shadow" adaptiert.