Skandinavische Glücksformel: Vier Dinge können wir uns von Finnen sofort abschauen

Tageslicht gibt es im finnischen Winter manchmal nur drei Stunden am Tag. Und selbst jetzt, Mitte April, kleben die Temperaturen noch wie Kaugummi am Gefrierpunkt. Das phänomenale Wetter kann also wenig damit zu tun zu haben, dass Finnland bereits zum achten Mal in Folge das glücklichste Land der Welt ist.

Zu diesem Ergebnis jedenfalls kommt der kürzlich erschienene World Happiness Report der renommierten Oxford-Universität. Dahinter folgen Dänemark, Island und Schweden. Deutschland landet nur auf Platz 22. Doch warum ist das so? FOCUS online hat Glücksforscherin Maike van den Boom befragt.

FOCUS online: Warum sind die Skandinavier so verdammt gut darin, glücklich zu sein?

Maike van den Boom: Zum einen haben die Skandinavier ein besonders positives Menschenbild. Die Grundhaltung ist: Der Mensch ist gut und will sein Bestes geben. Wer das glaubt, ärgert sich nicht über den Autofahrer, der einem die Vorfahrt nimmt. Denn: Es war bestimmt keine Absicht. Das Vertrauen gegenüber fremden Menschen ist in Skandinavien laut Studien fast doppelt so hoch wie in Deutschland. Im Prinzip ist jeder dein Freund – du hast ihn nur noch nicht kennengelernt (schmunzelt). Das macht das Zusammenleben sehr viel entspannter.

Was ist der zweite Grund?

van den Boom: Zum anderen gibt es in Skandinavien ein stärkeres Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft. Du erhältst sehr viele Chancen, dich frei zu entwickeln. Deshalb gibt es in den Schulen, im Job und auch von Seiten des Staates sehr viel weniger Vorgaben. Das gilt allerdings nur, solange du bereit bist, Verantwortung zu übernehmen. Denn das eine geht nicht ohne das andere.

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Inwiefern macht das glücklich?

van den Boom: Dadurch leben die Skandinavier total selbstbestimmt. Doch sie fühlen sich gleichzeitig auch gebraucht und bedeutungsvoll für die Gemeinschaft. Das wiederum stärkt ihre sozialen Beziehungen und das Gefühl der Solidarität – einer der wichtigsten Faktoren für ein glückliches Leben. Dieses gegenseitige Vertrauen ist der Kleber, der die Gesellschaft zusammenhält.

Über Glücksforscherin Maike van den Boom

Maike van den Boom ist Glücksforscherin und Autorin mehrerer Bücher, für die sie durch Skandinavien reiste, um herauszufinden, was die Menschen dort so glücklich und wirtschaftlich erfolgreich macht. Seit einigen Jahren beschäftigt sie sich mit den Skandinaviern nicht nur beruflich, sondern lebt auch mit ihrer Tochter in Stockholm.

Es ist also kein Zufall, dass die Skandinavier überdurchschnittlich glücklich sind. Was ist der Extra-Trumpf der Finnen, die konsequent noch vor dem Rest landen?

van den Boom: Der Unterschied ist marginal. Was aber nur die Finnen kennen, ist Sissu. So bezeichnen sie eine innere Widerstandskraft, die tief in der Gesellschaft verankert ist. Sie sind überzeugt: Was immer auch passiert, wir schaffen das.

„Wir schaffen das“ kennt Deutschland in anderem Kontext – vielleicht ist es Zeit, für eine neue Verknüpfung. Was können wir uns noch abschauen?

van den Boom: Sich nicht auf die Probleme zu fokussieren, sondern erstmal auf die positive Seite zu schauen, wenn etwas geschieht. Der Mensch guckt intuitiv lieber auf das Negative. Deswegen saugen wir schlechte Nachrichten auch so auf. Man kann das aber trainieren.

Wie genau?

van den Boom: Indem man beispielsweise morgens fünf Dinge aufschreibt, für die man dankbar ist oder die positiv gelaufen sind. Dass die Skandinavier da anders ticken, habe ich bei der Orchesterprobe meiner Tochter gemerkt.

Was ist passiert?

van den Boom: Es war Generalprobe. Und ganz ehrlich: Es hat echt schlimm geklungen. Am nächsten Tag sollte das Konzert sein. Also erwartete ich eine Ansage von der Dirigentin. Und die kam dann auch: Das war super, das war richtig gut – und jetzt machen wir es noch besser! Das eint die Skandinavier: Sie konzentrieren sich nicht auf das Negative, sondern versuchen immer das Positive zu sehen und andere Menschen zu motivieren und voranzubringen.

Gucken wir zu viel auf unser individuell begrenztes Universum und zu wenig auf das große Ganze und die Menschen um uns herum?

van den Boom: Ich finde schon. Wir sollten uns viel öfter fragen, was wir anderen Gutes tun können. Zum Beispiel indem wir sie fragen oder indem wir einem Kollegen einfach mal einen Post-it-Zettel mit einem Kompliment auf den Bildschirm kleben. Solche Kleinigkeiten können schon riesige Glücks-Booster sein! Für einen selbst und für andere. Im Schwedischen gibt es dafür sogar ein Wort: Uppåtpuff. Es heißt sowas wie andere Menschen hochpuffen oder anfeuern.

Haben Sie noch einen vierten Glückstipp?

van den Boom: Sich auf das zu konzentrieren, was wir in der Hand haben. Wir Deutschen klagen oft über Dinge, die wir eh nicht beeinflussen können. Klar können wir uns alles reinziehen, was Herr Trump da jeden Tag von sich gibt und uns runterziehen lassen. Viel sinnvoller ist es aber doch zu gucken, was wir direkt in unserem Umfeld bewegen können. Wir unterschätzen oft, was wir selbst beeinflussen können. Wie wichtig es ist, dem Nachbarn Hilfe anzubieten, Wildfremden ein Kompliment zu machen oder sie anzulächeln. Dabei kommt es auf alle an. Das ist den Skandinaviern immens wichtig und bewusst: Wir gestalten die Gesellschaft zusammen!

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