Was Lanz mit Blick auf die Ukraine und Putin wirklich Angst macht
Mit dem verpassten Einzug der FDP in den Bundestag endete am vergangenen Sonntag auch die Politik-Karriere von Christian Lindner. Markus Lanz bedauert im Podcast mit Richard David Precht, dass der zurückgetretene FDP-Chef der Politbühne den Rücken kehrt.
Zwar müsse man Lindners inhaltliche Positionen nicht teilen, aber Lanz kam nicht umhin, festzustellen: „Da sind tolle Leute abhandengekommen.“
Precht reagiert überrascht: „Ich wundere mich über deine netten Töne. Niemand ist so schlecht wie sein Ruf, und niemand ist so gut wie sein Nachruf.“
Doch Lanz bleibt bei seiner These und schiebt mit Blick auf Lindner hinterher: „Ein großes politisches Talent - schade, dass er weg ist.“
Irritiert sei er nur vom Auftritt Lindners unmittelbar nach der Wahlniederlage gewesen, als der einen Talk zu einer nostalgischen Rückschau auf seine Karriere nutzte. „Gleich kommt Teil zwei der rührenden Geschichten aus Wermelskirchen: 'Wie sie mir mal die Butterdose geklaut haben'“, habe Lanz gedacht.
Doch Lindners Abtritt setze eine Reihe von kompetenten Politikern fort, die nun nicht mehr präsent seien, etwa SPD-Mann Kevin Kühnert oder der scheidende Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt („echt ein Profi“). „Da zerbröselt was. Da geht politisches Know-how verloren“, konstatiert Lanz ernüchtert.
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Überhaupt gesteht Lanz, im Rahmen des Wahlabends eine „wahnsinnige Achterbahn der Gefühle“ durchgemacht zu haben. Ihm als „großen Politikerversteher“ gehe es „immer sehr nah, wenn um 18 Uhr Karrieren zu Ende gehen“.
Davon sei er auch in einer der Ausgaben seines ZDF-Polittalks Zeuge geworden, als FDP-Mann Wolfgang Kubicki zu Gast war. „Es ging mir echt nah“, beschreibt Lanz, Kubicki mit „Pipi in den Augen“ dasitzen zu sehen, der mit „tiefer Frustration“ beobachten müsse, dass sein Lebenswerk zerbreche.
Viel Lob für Ramelow
„Da bekam man ein Gefühl dafür, wie sich diese alte Bundesrepublik auflöst“, teilt Lanz seine Einschätzung und bescheinigt der politischen Gegenwart einen „Kulturkampf“.
Emotional sei in jener Ausgabe auch Bodo Ramelow geworden, erinnert sich Lanz an eine besondere Talkshow-Ausgabe. Ramelow sei „verletzt, weil man ihn all die Jahre als Extremisten, Kommunisten und Outlaw behandelt hat von der CDU“. Precht sprang dem Linken-Politiker zur Seite und lobte ihn als „tüchtigen Ministerpräsidenten“.
In der Sendung aber sei Ramelow aufgrund penetranter Nachfragen von Lanz mehrfach aus der Haut gefahren, beschreibt der Moderator zutreffend. „Ich hatte zwischenzeitlich Angst, dass er endgültig die Contenance verliert und auf mich losgeht“, sagt Lanz, der aber gleichzeitig vermutet: „Ganz heimlich mag er mich ein bisschen.“ Trotzalledem sei die Lage nicht weit von „Totaleskalation“ entfernt gewesen.
Abgesehen von innenpolitischen Themen werfen Lanz und Precht auch den Blick über den nationalen Tellerrand hinaus. Mittelfristig brauche es dringend eine europäische Armee, fordert Letzterer - speziell mit Blick auf US-Präsident Donald Trump.
Precht sauer über Aufrüstungsplüne: „Panikartig eine Riesensumme“
An der vielfach anvisierten Bereitstellung eines Sondervermögens von 200 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr übt er aber scharfe Kritik: „Was mich stört, ist, dass wir panikartig eine Riesensumme in den Raum stellen, ohne dass so richtig klar ist, wie eine künftige europäische Verteidigungsstrategie aussehen soll.“
Laut Precht sei es eine „Verschwörungserzählung“, dass Russland „unmittelbar“ einen neuen, größeren Krieg anfange, sollte der Krieg in der Ukraine ein Ende finden. Lanz kann diese Gelassenheit nicht teilen und verweist auf die „Internationalisierung des Konflikts“ - inklusive sechs beteiligter Atommächte.
Was Lanz mit Blick auf die Ukraine und Putin wirklich Angst macht
Precht bezeichnet es als „feuchten Traum von Putin“, eine Marionettenregierung in der Ukraine einzusetzen. Lanz merkt an, es mache ihm in diesem Szenario Angst, dass Putin dann Herr einer „extrem kampferprobten, taktisch sehr geschickten“ ukrainischen Armee wäre.
Precht holt daraufhin aus, Russland käme bei einer möglichen diplomatischen Lösung nur dank Donald Trump mit einem „blauen Auge“ aus dem Krieg, habe aber „schrecklichen Blutzoll“ gezahlt.
Kriegsende in der Ukraine als Grundlage für neue russische Angriffe? „Total alberner Quatsch“
So sei man weit entfernt von einem „schillernden Sieg“, sofern Russland nur Gebiete bekäme, „die du in drei Jahren komplett kaputtgemacht hast“.
Ein Ende des Krieges in der Ukraine als Grundlage für weitere Überfälle Putins zu nehmen, sei auch alleine deshalb „total alberner Quatsch“, weil die Wirtschaftsleistung Russlands niemals für die Finanzierung einer großen Armee reiche.
Von teleschau
Das Original zu diesem Beitrag "„Ein großes politisches Talent“: Lanz bedauert Polit-Abschied von Christian Lindner" stammt von teleschau.